Die Türen von Tallinn

Wir stiegen auf eine Fähre in Helsinki, die uns innerhalb von drei Stunden durch einen dicken milchigen Nebel zur nächsten Station unseres Baltikum-Trips-2019 beförderte. Während der ganzen Fahrt war es mir etwas mulmig zumute, als ich ins weiße Nichts durch die Glasscheiben blickte und das Gefühl bekam aus Zeit und Raum rausgerissen zu sein. Eigentlich könnte man sich bei diesem Anblick eher in eine meditative Stimmung versetzen, aber ich musste aus unerklärlichen Gründen an Eisberge und Titanik, russische U-Boote und Bermuder Dreieck denken. Um mich davon abzulenken, ging ich gezwungermaßen shoppen und ergatterte völlig unterwartet einen Duft, der limitiert und definitiv nicht auf dem Festland zu finden war, was mich zum Glück mit der wackligen Realität versöhnte.

Tallinn begrüßte uns mit einem feinen und nach Frische duftenden Nieselregen. Wir liefen durch den Hafen zur nahliegenden Straßenbahnstation und waren überrascht, wie einfach und günstig man online Tickets kaufen konnte. In Kürze legten wir unser Gepäck ab. Unsere Wohnung lag mitten in einem jungen kreativen Hipsterviertel. Auch die Altstadt war nur einen Katzensprung von uns entfernt. Allerdings bogen wir auf dem Weg dorthin spontan in eine ruhige und auf den ersten Blick unscheinbare Straße ab, die uns in einen Labyrinth aus alten, aber dennoch wunderschönen Holzhäusern lenkte, mit filigranen Fensterrahmen und bunt bemalten Holztüren. Da ich eine gewisse Schwäche dafür habe sowie grundsätzlich keinen Orietierungssinn besitze, irrten wir den Rest des Tages auf menschenleeren Straßen herum. Dort genossen wir den nostalgischen Charme dieser Gegend.